Zeinissee: Staunen, Bouldern, runter kommen / Sommer 2018 Part I

Juli 2018

Wir starten heute kurz nach dem Mittag mit einem komischen Gefühl im Bauch. Einerseits freuen wir uns auf 18 Tage Urlaub in Österreich und Südtirol, andererseits hat uns letztes Jahr, bei unserem zweiten Schwedenurlaub, der Skandinavienvirus erwischt. Ein wenig haben wir Angst, dass uns Schweden fehlen wird. Wir lassen es auf uns zukommen, für alles andere ist es jetzt sowieso zu spät. Die Abfahhrt klappt problemlos, auch die Finger kommen ohne Pflaster aus ( siehe unseren Schweden-Start ). Leider endet die Fahrt nach knapp 70 km auf der Autobahn – nix Schlimmes, nur der übliche Stau. Da stehen wir also so ungefähr 2 Stunden rum, nach ner Weile kennt man seine Nachbarn und nickt diesen anerkennend zu, wenn es mal auf der anderen Spur etwas schneller geht.

Das ändert sich Punkt 16 Uhr – Anpfiff WM Deutschland gegen Südkorea. Auf einmal ist die Autobahn leer und wir folgen dem Spiel wie früher am Radio. Unser Plan, an München vorbei zu kommen, rückt also in Reichweite. Deutschland verliert und wir beschließen, ab sofort für Schweden zu sein.

Die Navi sagt, quer durch München, der Stau auf der Ostumfahrung will das wohl auch, also gehts einmal quer durch. Feierabendverkehr und wir mit 14m-Gespann dazwischen, alles geht gut. Line lässt in der Zeit schon das Handy glühen und sucht einen Campingplatz nahe an der Autobahn. Wir entscheiden uns für den Campingplatz in Wolfratshausen. Eine absolut tolle Entscheidung, wie sich herausstellen sollte. Der Platz ist toll, der Betreiber sehr entspannt und es gibt überall was zu entdecken. Angefangen bei die Außenküche im Mittelalterstil, über die alte, wild dekorierte Kastanie, bis hin zur Lagerfeuerstelle in der schon das Feuer brannte als wir kamen. Hier werden wir sicher wieder mal anhalten.

In der Nacht dann Alarm, die ganze Tüte Kesselchips, die unser Kleinster verdrückt hat, sollte sich rächen und so stehen Line und ich mitten in der Nacht im Waschraum. Einer wäscht Bettwäsche der andere duscht den Knirps. Kesselchips reihen sich seit heute in die Liste der verbotenen Lebensmittel im Wohnwagen ein…

Tag 2

Wir wachen durch dicke Regentropfen auf dem Wohnwagendach auf, Frühstück also drinnen und dann schnell weiter, nun locken die Berge richtig. Jeden Kilometer, den wir weiter fahren, werden die Berge spektakulärer. Viele Kilometer sind es heute nicht, aber durch die kleiner werdenden Straßen geht es nicht mehr so zügig voran. Stört uns nicht, wir sind schon im Genußmodus.

Gegen 13:00 und nach einer letzten steien Passage, kommen wir an der ersten echten Etappe an. Campingplatz am Zenissiee soll die nächsten Tage unser Basislager darstellen. Der Platz ist toll gelegen, auf 1800m Höhe direkt an einem Bergsee (nicht dem Zenissee sondern dem Zeinisbach – das erfahre ich aber erst später). Baden geht hier nicht, dafür kann ich nicht davon ablassen, ihn zu jeder möglichen Tages- und Nachtzeit zu fotografieren. Der Platz ist zwar sehr klein, die beiden Duschen pro Geschlecht schon etwas sportlich geplant, mehr gibts hier aber nicht zu meckern, alles ist sauber und ordentlich und die Dame am Platz stets nett. Die Brötchen hängen jeden Morgen frisch und pünktlich im Baumwollbeutel am vorgesehenen Haken. Toll!

Leider ist das Wetter bei Ankunft noch nicht besser, so findet das erste Urlaubskaffeetrinken im Wohnewagen statt. Danach nutzen wir eine Regenpause, um unsere Kinder auf die nächsten Tage einzustimmen – wir nötigen sie zu einem kleinen Ausflug zum Stausee, direkt neben dem Zeinisee. Sie mosern ein wenig. Wir bekommen schon so langsam einen Eindruck, wie toll es hier ist. Am Ende werden es 5 km Spaziergang und wir lassen uns müde zu einem Monopoli-Spiel überreden. Die Runde soll uns den ganzen Urlaub begleiten, da sie einfach nicht enden will…

Tag 3

Wir öffnen gegen 8 ganz vorsichtig das Rollo vom Wohnwagen, immerhin sind wir bei Regen eingeschlafen. Empfangen werden wir vom Tag mit traumhaftem Sonnenschein. Also raus und Frühstücken mit frischen Brötchen und Blick auf den See. Unser Plan heute: Silvrettahochalpenstraße. Vom Campingplatz haben wir die Silvretta-Card erhalten, die meisten Lifte und Passstraßen sind somit kostenlos zu nutzen. Die Straße ist echt spektakulär und wir wissen jetzt, warum sie für Wohnwagen gesperrt ist. Es vergeht keine Minute bis Adlerauge (der Jüngste) in unmittelbarer Straßennähe eine Horde Murmeltiere entdeckt. Kurzer Fotostopp – eingefangen.

Am Silvrettastausee stellen wir das Auto ab und starten zur ersten Wanderung. Das Ziel ist irgendwie noch unklar, um den See, ins Klostertal oder auf den Berg? Wir sind uns unsicher und die Kinder benötigen heute unsere volle Motivationskunst, um überhaupt zu laufen. Am Ende schaffen wir knapp 9 Kilometer am See entlang. Ein Picknick und Klettern am Fels stellt den Höhepunkt für heute dar.

Im Anschluss geben wir uns noch das Vergnügen der vollständigen Silvretta-Straße (ich wünsche mich gerade in Lines neuen GTI, sie dafür, glaube ich, auf den Campingplatz), eine irre Straße, auf der uns immer mal wieder ein paar Radfahrer begegnen – ihnen gehört unser Respekt!

Die Wanderung von heute ist ausbaufähig, finden wir. Zurück am Wohnwagen, entscheiden Line und ich beim Kaffee, dass heute noch mehr geht und wir starten alleine noch einen kleinen Aufstieg zum Zeinisee (diesmal der echte) überhalb des Platzes. Wir sind ganz allein und genießen den Ausblick. Ein Blick auf den inneren Kompass bestätigt, ein Sonnenaufgangsfoto hier oben könnte spannend sein, also müssen wir hier nochmal her.

Den Abend beschließen wir mit Wein, Bier und (nein kein Gesang) Grillfleisch.

Tag 4

Es ist nach halb 9 morgens. Juhu die Kinder sind im Urlaubsmodus und schlafen aus. Nachdem sie endlich aus dem Bett kommen, sucht heute unser Jüngster den Frühstücksplatz aus. Nein, nicht vor dem Wohnwagen, sondern direkt am Seeufer. Also tragen wir Tisch, Stühle und alles andere auch über den Campingplatz. Manchmal tun ja Kinder einfach etwas, was wir Erwachsene auch gern wollen, aber wir sind viiiiieeeel zu erwachsen, hier auch und so freuen wir uns, dass er es für uns getan hat.

Heute wollen wir von Ischgl auf die Idalpe. Laut Internet gibt es hier einen Erlebnispfad für die Kinder – der Adventure Stage. Dieser ist problemlos von der Mittelstation der Bergbahn zu erreichen. Es wurde nicht zu viel versprochen, gleich zum Start gibt es den ersten Bergsee mit kleinem Kletterturm und so geht es auch weiter. Immer wieder gibt es Stationen zum Klettern, Blancieren oder wir entdecken Frösche im kleinen Bachlauf. Am schönsten See machen wir Picknick und ärgern uns, dass wir nix zum Grillen dabei haben, denn hier gibt es mehrere Grillstellen und fertig gehacktes Brennholz. Lange hält es die Kinder nicht am Picknick-Platz, der Urinstinkt von Team Schwarz bricht durch und die beiden werfen ihre Sachen von sich, Baden ist angesagt. Also zumindest solange, bis der erste große Zeh im Wasser war. Es ist saukalt! Line und ich bleiben also draußen, die Kinder aber hält das nicht auf.

Im Anschluss an diesen kleinen Rundweg fahren wir noch ganz nach oben um mit toller Aussicht einen Capuccino zu trinken. Dazu gibt es einen Kaiserschmarn, nicht irgendeinen! Den teuersten, den wir jeh hatten. Die Hütte ist zwar toll aber ob der Preis gerechtfertigt ist!? Mhhh.

Hab ich schon erzählt, dass ich E-Bike-Fahrer, sagen wir mal, wenig mag!? Ich hasse sie! Wie war das früher? Auf dem Berg gab es 2 Arten von Menschen, Wanderer und Mountain-Biker. Beide waren oben verdammt stolz auf sich – zu recht. Und heute? Heute kauft sich so manches Pärchen die buntesten Fahrradklamotten, atmungsaktiv, schweißhemmend , was nicht alles. Um dann den Regler ihrer E-Bikes auf volle Leistung zu stellen und den Berg hinauf zu gleiten. Davon gibt es hier so viele, dass ich anfange, allen echten Bikern meine Anerkennung zuzurufen. Von dem Rest hält mich Line ab!

Im Anschluss laufen wir noch den Walk of Lyrics mit den Songtiteln vieler Künstler entlang. Für Leute mit Höhenangst sind die beiden Hängebrücken ein ganz besonderer Leckerbissen. Die Blicke wenn man auf der Brücke anfängt leicht zu springen – unbezahlbar…

Pünktlich vor Ladenschluss sind wir wieder in Ischgl und können uns mit diversen Landestypischen Leckereien eindecken. Natürlich landet auch Grillfleisch im Korb der Abend ist gerettet. Nach dem Abendessen zieht es mich nochmal zu den beiden Seen. Ich weiß nicht wie viele Fotos ich davon in den vergangenen Tagen gemacht habe…, ein paar passen bestimmt noch.

Tag 5

Line und ich sind aufgeregt! Heute ist der erste Höhepunkt unseres Urlaubs geplant. Ok, bis jetzt war es natürlich auch schön hier, aber heute haben wir etwas Besonderes vor. Lange geplant und nicht zuletzt deswegen auf den Campingplatz gestoßen. Aber von vorn! 8:00 stehen wir auf, Line startet eine Maschine Wäsche, wir anderen ziehen mit unserem Tisch zum Stammplatz am See. Nach dem Frühstück laufen wir los, das Auto kann heute stehen bleiben. Erst entlang des Stausees, geht es dann den Berg hinauf. Es ist die Zeit der Bergrosen und so kann ich kaum davon lassen sie fotografisch in Szene zu setzen. Danach folgt ein Latschenkieferwald, den wir durchqueren.

Heute ist es schon verdammt warm und die Kinder fragen zaghaft, wie weit es noch ist. Wir wissen es nicht, wir wissen nur, dass wir uns 13:00 mit Christoph dem Bergführer treffen wollen, irgendwo oben, neben einer Hütte. Am Ende sind wir doch schneller, als befürchtet und haben noch Zeit für ein ausgedehntes Picknick bis Christoph ( von den Bergführern Galtür) endlich eintrifft. Heute gehts Bouldern. Steht schon ein wenig länger auf unserer Mal-Ausprobieren-Liste und da die Kinder nun groß genug sind, probieren wir. Der Boulderpark hier ist recht berühmt. Zu Recht wie sich herausstellt. Es ist wunderschön hier, weit oben, trotzdem inmitten von Bergmassiven, ein kleiner Bergsee mittendrin und die großen Felsen erwecken den Anschein, ein Landschaftsgestalter hätte sich hier ein Denkmal geschaffen. Natürlich ist alles Natur und wir haben 2 Stunden Zeit es zu genießen. Christoph ist älter als erwartet und hat viel Erfahrung, er gibt uns viele hilfreiche Tipps und nimmt Line ein wenig die Angst (um die Kinder). Nach einer kurzen Einführungsrunde geht es schon an echte Felsen. Die gelingen, Dank der Tipps und den Schuhen schon recht gut. Nur die Füße fühlen sich an, als wären sie schon vor 10 Minuten abgestorben. Hilft nichts, Spaß kostet! Nach und nach werden die Felsen immer Höher und wir tasten uns Einzeln an unsere Grenzen.

Geflasht vom Erlebnis und nach einer Pause am Bergsee, machen wir uns an den Abstieg. Die Kinder sind zwar völlig erledigt und das Wasser ist alle, aber wir schaffen es dennoch zurück zum Wohnwagen. Zum Glück gibt es ja genug Quellen unterwegs, die den Durst löschen können.

Unseren letzten Abend wollen wir im nahen Alpengasthof feiern und sitzen wenig später, frisch geduscht (war nötig) auf der Terasse bei Kasspätzle und Radler. Wehmütig genießen wir den Ausblick auf den See. Sicher steuern wir diesen Platz nochmal an. Die Tage vergingen einfach zu schnell, um alles zu sehen…

Auf dem Weg zum Wohnwagen fragen wir die Kinder, ob sie Lust haben, am nächsten Tag um 5 aufzustehen. Wir wollen unsere Abfahrt noch etwas hinaus zögern und haben daher beschlossen, früh am Morgen zum Zeinissee aufzusteigen. Wider Erwarten sind sie begeistert! Der Wecker ist gestellt und wir gehen voller Vorfreude schalfen. Punkt 5 öffnen Line und ich nicht nur ein Auge, sonder auch das Wohnwagenrollo. Verdammt! Alles bewölkt, so macht das keinen Spaß! Also Wecker auf 6 Uhr gestellt, neuer Versuch. Zum Glück sind die Kinder nicht wach geworden. Nach der Stunde sieht es nicht viel besser aus, egal. Wir wecken die Kinder und staunen wie schnell die beim Aufstehen und Anziehen sind – wenn sie wollen. Kamera und Stativ gepackt (Stativ trägt die ersten 8 Meter großzügig mein Sohn) und hoch geht’s. Die Wolken verziehen sich langsam und so bekommen wir zwar kein perfektes Sonnenaufgangsbild aber die Stimmung ist herrlich. Die Wiesen voller Tautropfen, alles ruhig, fehlte nur der Steinbock, der am See steht und frühstückt…

Hier gehts weiter mit Teil 2

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